Zurück
5.8.2025
Urlaube, Reisen, Städtetrips & Co. bedeuten für viele Menschen Erholung, Entspannung und einfach mal Abschalten. Doch für Menschen mit körperlichen, geistigen oder kognitiven Beeinträchtigungen und ihre betreuenden Angehörigen sind solche Ausflüge oft mit zusätzliche Planungsaufwand, Unsicherheiten und emotionalem Stress verbunden.
1. Barrierefreies Hotel = Problem gelöst?
2. Verschiedene Zielgruppen - verschiedene Herausforderungen
3. Die Herausforderungen - Vor, während und nach dem Urlaub
4. Finanzierung von Pflegekosten im Urlaub
5. Pflegende Angehörige & Lohn im Urlaub
6. Barrierefreie Ferien in der Schweiz
6.1. Pflegehotels / Ferienhotels mit integrierter Pflege
6.2. Barrierefreie Ferienwohnungen mit Pflegeangebot
6.3. Spezialisierte Reiseanbieter
6.4. Barrierefreie Reisen über ein Reisebüro buchen
6.5. Begleitete Gruppenreisen für Menschen mit Beeinträchtigung
6.6. Individuelle Pflegebegleitung im Urlaub
6.7. Ferienplätze in Reha- oder Kurhäusern
7. Hilfreiche Tipps, Links und Informationen
Viele Reiseführer, Hotelwebseiten oder Tourismus-Büros weisen auf Barrierefreiheit hin: Rollstuhlgängige Zugänge, Braille-Beschriftungen oder barrierefreie Toiletten sind wichtige Voraussetzungen. Doch Barrierefreiheit endet nicht bei der Rampe am Hoteleingang. Gerade Menschen mit Pflegebedarf, betreuende Angehörige oder Menschen mit Spitex-Unterstützung haben vielfältige Bedürfnisse, die weit über infrastrukturelle Aspekte hinausgehen.
Für betreuende Angehörige kann eine Reise mit der betreuten Person bedeuten: Die Betreuungsarbeit fährt mit. Die "Auszeit vom Alltag" wird zur Verlagerung des betreuerischen Alltags an einen neuen Ort – darunter leidet die Entspannung und die Erholung. Es fehlt das bedürfnisgerecht eingerichteten Zuhause, der sorgsam organisierte und gut funktionierende (Tages-)Ablauf, die energieschonenden Routinen – das eingespielte System, welches Betreuung, Tagesstruktur, medizinische Versorgung und Entlastung ermöglicht.
Pflegeleistungen, die durch eine Spitex, Angehörige oder einen vertrauten Pflegedienst erbracht werden, müssen für Urlaube oft neu organisiert werden. Das bedeutet nicht nur zusätzlichen Aufwand, sondern auch Unsicherheit, finanzielle Belastung und fremde Gesichter in ungewohnter Umgebung. Oft ist der Weg zur Pflegebedürftigkeit bereits mit grossen administrativen und emotionalen Herausforderungen verbunden – umso mehr kann allein der Gedanke an eine Reise überfordern. Denn es gibt nicht die eine zentrale Stelle oder Telefonnummer, die alle Fragen rund um Pflege und Betreuung im Urlaub beantwortet. Die Suche nach passenden Angeboten, die Klärung nach Finanzierungsmöglichkeiten und die Sorge, ob vor Ort wirklich alles funktioniert, können zur Hürde werden – gross genug, um das Kofferpacken gar nicht erst in Erwägung zu ziehen. Sie können Unsicherheit auslösen und das Gefühl geben, dass eine Reise zu riskant oder einfach zu anstrengend wäre.
Was zuhause durch eingespielte Routinen funktioniert, muss im Urlaub oft neu aufgebaut werden. Das kostet Kraft – besonders, wenn Entspannung eigentlich das Ziel der Reise ist.
Viele Unsicherheiten beginnen bereits in der Planungsphase: Wie lassen sich die gut eingespielten Abläufe von zuhause in ein Urlaubsumfeld übertragen? Was muss alles mitgenommen werden – eine rutschfeste Duschmatte, Medikamente – können diese gekühlt werden bei Bedarf? Auch die Finanzierung wirft Fragen auf: Wer organisiert die Pflege vor Ort – und wer bezahlt sie?
Während der Anreise stellen sich weitere Herausforderungen: Reichen die Umsteigezeiten an den Bahnhöfen aus, wenn man mit dem Rollstuhl unterwegs ist? Wer trägt das Gepäck, wenn beide Hände gebraucht werden? Gibt es im Zug oder an Raststätten barrierefreie Toiletten? Und wo können beispielsweise Stomabeutel entleert werden?
Vor Ort kommt es auf viele Details an, die im Alltag selbstverständlich erscheinen: Gibt es im Hotel ein höhenverstellbares Bett? Ist die Dusche rollstuhlgängig? Stehen Pflegehilfsmittel zur Verfügung? Auch die Mobilität ist ein Thema: Gibt es Fahrdienste für mobilitätseingeschränkte Menschen – und wenn ja, wer übernimmt die Kosten?
Nach der Rückkehr kann es ausserdem wichtig sein, eine gute Übergabe zurück in die vertraute Pflegesituation sicherzustellen. Und nicht zuletzt lohnt sich ein Blick auf mögliche Nachverrechnungen oder Folgekosten, etwa für zusätzliche Pflegeeinsätze oder nicht gedeckte Leistungen.
Es ist ratsam, vor Reiseantritt mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen, um die Übernahme des gesetzlich vorgesehenen Beitrags an Pflegeleistungen während des Urlaubs abzuklären. Dabei sollte geprüft werden, ob die geplanten Pflegeanbieter (z.B. Spitex, privater Pflegedienst, Pflegehotel) von der Krankenkasse anerkannt sind.
Wenn im Urlaub ein Kurhotel oder eine medizinische Kur in Anspruch genommen wird, empfiehlt es sich, eine Kurverordnung vom behandelnden Arzt einzuholen. Diese erleichtert oft die Kostenübernahme durch die Krankenkasse.
Zudem lohnt es sich, bei der für den Urlaub zuständigen Pflegeeinrichtung nachzufragen, ob Stiftungsgelder, Sondertarife oder pauschale Ferienangebote zur Verfügung stehen.
Pflegende Angehörige können ihre Pflegeleistungen auch während des Urlaubes abrechnen. Der Prozess für die Entschädigung der geleisteten Arbeit läuft genau gleich ab, wie zuhause – die Pflegearbeit muss wie üblich dokumentiert werden für die Lohnzahlung.
Für Menschen mit Unterstützungsbedarf gibt es verschiedene Urlaubsangebote, die sich an die persönlichen Bedürfnisse anpassen lassen.
Für Menschen mit körperlichen oder altersbedingten Einschränkungen, alleinreisende Pflegeempfänger*innen oder für pflegende Angehörige gemeinsam mit der betreuten Person können Pflegehotels eine geeignete Unterkunft sein. Sie verbinden barrierefreie Hotellerie mit professioneller Pflege vor Ort – sei es für alltägliche Hilfe oder medizinisch notwendige Unterstützung. Auch wenn der Begriff Pflegehotel zunächst an einen Spital erinnert: Im Vordergrund steht das Hotel – oft mit schöner Lage, gemütlichen Zimmern und Urlaubsatmosphäre. Gleichzeitig sind die nötigen Strukturen vorhanden, damit Pflege und Betreuung gesichert sind.
Diese bieten Unabhängigkeit und Privatsphäre in Kombination mit einem externen Pflegeangebot, z.B. durch eine lokale Spitex-Organisation. Der Vorteil: Die Tagesstruktur kann individueller gestaltet werden, gleichzeitig steht bei Bedarf Unterstützung zur Verfügung. Ferienwohnungen bieten zudem mehr Rückzugsmöglichkeiten und oft mehr Platz – ideal für alle, die ihren Urlaub lieber in einem privaten, wohnlichen Umfeld verbringen möchten. Im Unterschied zum Pflegehotel gibt es hier keine festen Abläufe oder Essenszeiten. Der Tagesrhythmus kann frei gestaltet werden, was besonders für Menschen mit einem grossen Bedürfnis nach Ruhe und Privatsphäre wichtig sein kann.
Es gibt Organisationen und Stiftungen, die sich speziell auf Urlaube für Menschen mit Beeinträchtigung spezialisiert haben. Sie bieten umfassende Beratungen, kennen die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe genau und verfügen über ein breites Netzwerk an geeigneten Unterkünften. Die Buchung über solche Anbieter kann den Stress, die Unsicherheiten und den Aufwand bei der Urlaubsplanung verringern und bei Problemen stehen Ansprechpartner zur Verfügung. Ein Beispiel für einen spezialisierten Beratungs- und Buchungspartner für barrierefreien Urlaub ist die Stiftung Claire & George: Sie übernehmen nicht nur die Buchung einer Unterkunft, sondern auch die Organisation von Begleitungen für Ausflüge, benötigte Hilfsmittel oder pflegerische Unterstützung. Auf der Homepage von Claire & George finden Sie hilfreiche Informationen zum Angebot.
Speziell auf barrierefreie Reisen ausgerichtete Reisebüros wissen, worauf es bei der Buchung ankommt. Auch herkömmliche Reisebüros bieten oftmals barrierefreie Reisen an. Wir empfehlen, beim Reisebüro ihrer Wahl genau nachzufragen, was in den Leistungen alles inkludiert ist, ob auch Pflege- oder Betreuungsangebote bestehen oder ob es sich lediglich um barrierefreie Unterkünfte handelt. Das procap Reisebüro ist ein Beispiel für ein auf barrierefreie Reisen spezialisiertes Reisebüro. Durch ihre Mitgliedschaft in verschiedenen Branchenverbänden wie dem Schweizer Reise-Verband oder dem Schweizer Tourismus-Verband ist Procap Reisen als spezialisierte Anbieterin für barrierefreies Reisen gut vernetzt und kann als vertrauenswürdige Anlaufstelle für Reisebuchungen gelten.
Für Menschen, die gerne in Gesellschaft reisen und neue Kontakte knüpfen möchten, sind Gruppenreisen mit Betreuung eine schöne Möglichkeit. Solche Angebote ermöglichen es, in einer begleiteten und gut organisierten Gruppe unterwegs zu sein. Ob Ferienlager, Kulturreise oder Naturaufenthalt – die Betreuung erfolgt durch Fachpersonen oder geschulte Freiwillige. Sie schaffen Sicherheit und fördern das Miteinander. Wichtig ist, sich vor der Buchung genau zu informieren, ob die Reise zu den eigenen Bedürfnissen passt – insbesondere bei medizinischem Unterstützungsbedarf.
In bestimmten Situationen kann es sinnvoll sein, eine Pflegeperson mit in den Urlaub zu nehmen. Diese Begleitung ist sehr individuell und bietet ein hohes Mass an Flexibilität. Besonders für pflegende Angehörige kann diese Lösung entlasten sein.
Ein Aufenthalt in einer Rehabilitations- oder Kureinrichtung kann eine sinnvolle Alternative zum klassischen Urlaub sein – besonders dann, wenn gesundheitliche Einschränkungen im Vordergrund stehen. Diese Einrichtungen verbinden Erholung mit medizinischer Betreuung und therapeutischen Angeboten, zum Beispiel Physiotherapie, Ergotherapie oder psychosozialer Begleitung. Die pflegerische Versorgung ist dort in der Regel umfassend gewährleistet. So können Pflegeempfänger*innen gezielt unterstützt werden, während gleichzeitig Raum für Regeneration und Entlastung entsteht – auch für Angehörige, die mitreisen oder zeitgleich eine Auszeit nehmen.
Diese App vom Verein Sitios (mit Sitz in Zürich) enthält Informationen zur Barrierefreiheit von Lokalitäten, Infrastrukturen und Bauten. bietet Informationen zur Barrierefreiheit von Lokalen, Infrastrukturen und öffentlichen Gebäuden. Die Inhalte sind in verschiedene Kategorien unterteilt – z. B. Einkaufen, Essen & Trinken, Freizeitaktivitäten oder Mobilität.
Auf einer Karte sind alle Orte sichtbar, die sich bei der ginto-App registriert und Informationen zu ihrer Barrierefreiheit hinterlegt haben. Mit einem Klick auf den Info-Button erscheinen Details zur jeweiligen Infrastruktur.
Nutzer*innen können zudem ein persönliches Profil anlegen und dort ihre individuellen Bedürfnisse angeben, damit Suchergebnisse besser auf sie abgestimmt werden.
Auf der Homepage der SBB können Informationen über barrierefreies Reisen mit dem öffentlichen Verkehr abgerufen werden. Die SBB Inclusive App ist speziell für seh- und hörbehinderte Menschen entwickelt worden und bietet optische, digitale und akustische Informationen über die Fernverkehrszüge und die Bahnhöfe in der Schweiz.
Diese Initiative wurde vom Förderverein Barrierefreie Schweiz lanciert und unterstützt Schweizer Tourismusanbietende dabei, Ihre Angebote und Infrastrukturen auf die Zugänglichkeit für Menschen mit Beeinträchtigungen zu überprüfen, die Daten zu erfassen und zu kommunizieren.
Auf Reisen kann der Besitz eines Eurokeys hilfreich sein. Er bietet Zugang zu barrierefreien Toiletten, Duschen, Aufzüge, Treppenlifte und vielen weiteren Infrastrukturen. Mehr Informationen zum Eurokey finden Sie in unserem Blogartikel “Eurokey - Ein Schlüssel zu barrierefreier Infrastruktur”.
Diese Liste ist nicht vollständig und sollte individuell angepasst werden vor Reiseantritt.
Stand: 11. Juli 2025
Lohn & Unterstützung für die Pflege Ihrer Angehörigen.
Selbstbestimmt zuhause leben.