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Therapietiere: Wie Hunde, Katzen & Co. den Alltag erleichtern
30.9.2025
Der Alltag kann für viele Menschen herausfordernd sein – sei es durch körperliche Einschränkungen, chronische Krankheiten, psychische Belastungen oder soziale Isolation. Tiergestützte Therapie – also der gezielte Einsatz von speziell ausgebildeten Tieren – hat sich als wertvolle Massnahme etabliert, um Lebensqualität, Motivation und Wohlbefinden zu steigern. Menschen jeden Alters und mit unterschiedlichsten Bedürfnissen können davon profitieren: Senioren, Kinder in Betreuungseinrichtungen, Patientinnen und Patienten in Kliniken oder Menschen mit emotionalen Belastungen.

Was sind Therapietiere?
Therapietiere sind Tiere, die für den gezielten Einsatz in Therapie, Pflege oder sozialen Kontexten ausgebildet wurden. Anders als Haustiere, die einfach zuhause leben, arbeiten sie professionell mit Menschen in Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder bei Hausbesuchen. Typische Tiere sind Hunde, Katzen, Kaninchen, aber auch Vögel oder Meerschweinchen.
Der zentrale Zweck von Therapietieren ist es, emotionale Unterstützung zu bieten, soziale Kontakte zu fördern und die körperliche Aktivität zu unterstützen. Bereits kleine Interaktionen wie Streicheln, Beobachten oder gemeinsames Spielen können spürbare positive Effekte haben.
Positive Effekte auf Körper und Psyche
1. Emotionale Unterstützung und Stressabbau
Der Kontakt zu Tieren wirkt beruhigend. Studien zeigen, dass allein das Streicheln eines Hundes oder einer Katze den Blutdruck senkt, die Herzfrequenz stabilisiert und die Ausschüttung von Glückshormonen wie Serotonin und Oxytocin fördern kann. Besonders Menschen, die sich einsam fühlen oder unter Angstzuständen leiden, erfahren Nähe und Sicherheit.
2. Förderung sozialer Kontakte
Viele Menschen ziehen sich in schwierigen Situationen zurück oder erleben Isolation. Tiere fungieren hier als "soziale Brücke": Sie schaffen Gesprächsanlässe, erleichtern den Austausch zwischen Gruppenmitgliedern, Angehörigen oder Betreuungspersonal und fördern ein Gemeinschaftsgefühl. Gruppenaktivitäten mit Tieren können das Miteinander stärken und das soziale Wohlbefinden erhöhen.
3. Aktivierung von Körper und Geist
Interaktionen mit Tieren fördern Bewegung, Gleichgewicht, Koordination und Aufmerksamkeit. Selbst kleine Aufgaben wie Füttern oder Bürsten eines Tieres stimulieren Gedächtnis und Motorik und können die Selbstständigkeit positiv beeinflussen.
Praxisbeispiele aus Einrichtungen und Alltag
Spaziergänge mit Hunden:
In Pflegeheimen oder bei Menschen mit Mobilitätseinschränkungen begleiten ausgebildete Therapiehunde auf kurzen Spaziergängen. Die Bewegung fördert Mobilität und Wohlbefinden, die frische Luft wirkt stimulierend und die Teilnehmenden erleben positive Erfolgserlebnisse, wenn sie das Tier führen oder füttern können. Ein weiterer Effekt durch die Begleitung eines Hundes auf einem Spaziergang kann das Gefühl von Sicherheit und Gemeinschaft sein. Hunde reagieren im Gegensatz zu Katzen und anderen Kleintieren oftmals aktiver auf den Menschen und das Gefühl von Beziehung wird verstärkt ausgelöst.

Katzenbesuche:
Katzen werden oft bei Menschen eingesetzt, die Ruhe und Geborgenheit suchen. Durch ihr eher ruhiges und anschmiegsames Wesen wirken sie beruhigend und fördern Entspannung. Das Streicheln, Beobachten und kleine Spiele steigern die Lebensfreude, fördern die Ausschüttung von Glückshormonen und reduzieren Stress. Zudem können sie Erinnerungen an frühere Haustiere wecken und positive Emotionen auslösen. Besonders bei Menschen, die sich vor Hunden fürchten, können Katzen zu diesen Effekten führen.
Tiergestützte Gruppenaktivitäten mit Kaninchen oder Kleintieren:
Kleintiere wie Kaninchen oder Meerschweinchen sind ideal für Besuche bei Gruppen. Die Teilnehmenden füttern und streicheln die Tiere, oder bringen ihnen kleine Tricks bei. Diese Interaktionen fördern Feinmotorik, Konzentration und soziale Kontakte. Gerade Menschen, die Schwierigkeiten im direkten Austausch mit anderen haben, kommen über die Tiere leichter ins Gespräch. Auch Kinder in Betreuungseinrichtungen profitieren oft von Kleintieren, weil sie Verantwortung und Empathie spielerisch fördern und die Angst weniger gross ist als bei Hunden.
Wie werden Therapietiere ausgebildet?
Die Ausbildung von Therapietieren ist umfassend und auf die speziellen Anforderungen im Umgang mit Menschen abgestimmt. Sie beginnt oft schon im Welpen- oder Jungtieralter, um Sozialisation und Charakterentwicklung optimal zu fördern.
- Charakterprüfung und Sozialisation: Nur Tiere, die ruhig, freundlich, belastbar und sozialverträglich sind, eignen sich für die Therapiearbeit.
- Grundgehorsam und Alltagsverhalten: Tiere lernen grundlegende Kommandos und das ruhige Verhalten in unterschiedlichen Situationen, wie z. B. lauten Geräuschen oder Menschenansammlungen.
- Spezialtraining für Einsätze mit Menschen: Das Tier wird gezielt auf die Arbeit mit verschiedenen Gruppen und Bedürfnissen vorbereitet, z. B. auf ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Einschränkungen oder Gruppen von Menschen mit emotionalen Belastungen.
Prüfung und Zertifizierung: Nach Abschluss des Trainings durchlaufen die Tiere häufig offizielle Prüfungen oder Zertifizierungen, um ihre Sicherheit und Zuverlässigkeit in unterschiedlichen Einsatzbereichen zu gewährleisten.

Assistenzhunde vs. Therapietiere
Oft werden Hunde und andere Tiere pauschal als "therapeutisch" bezeichnet, dabei erfüllen sie sehr unterschiedliche Aufgaben.
- Assistenzhunde wie Blindenführhunde oder Signalhunde unterstützen Menschen gezielt bei Alltagsaufgaben. Sie helfen beispielsweise Menschen mit Sehbehinderung, Mobilitätseinschränkungen oder Diabetes, sicher durch den Alltag zu kommen. Ihr Training ist sehr streng und spezialisiert: Sie lernen, Gefahren zu erkennen, auf bestimmte Signale zu reagieren und ihren Menschen zuverlässig zu führen.
- Therapietiere wie Hunde, Katzen oder andere Tiere, die in Pflege, Therapie oder Betreuung eingesetzt werden, haben dagegen vor allem emotionale, soziale und motivierende Funktionen. Sie fördern Bewegung, Kommunikation und Wohlbefinden, ohne direkt lebensnotwendige Aufgaben zu übernehmen.
Faszinierende Fähigkeiten von Blindenführhunden
Diese Fähigkeiten entstehen durch jahrelanges Training und eine enge Bindung zwischen Hund und Halter. Für viele Betroffene ist ihr Blindenführhund nicht nur ein Hilfsmittel, sondern ein unersetzlicher Partner im Alltag.
Für den Erhalt eines Assistenzhundes in der Schweiz müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein – zum Beispiel eine ärztlich bestätigte Einschränkung, Motivation der Halterin oder des Halters und die Eignung des Hundes für die Aufgaben. Im Vergleich dazu können Therapietiere deutlich flexibler und einfacher in Einrichtungen oder zuhause eingesetzt werden.
Tierische Besuche zuhause
Nicht nur in Pflegeheimen oder Kliniken können Therapiehunde zum Einsatz kommen – auch privat gibt es Anbieter, die mit ihrem geschulten Hund pflegebedürftige Menschen zuhause besuchen. Solche Besuche fördern das Wohlbefinden, lindern Ängste und bringen Abwechslung in den Alltag. In der Schweiz bieten Vereine wie Therapiehunde Schweiz und ABRI sowie regionale Organisationen wie TECUM Graubünden ehrenamtliche Besuche an, bei denen geschulte Therapiehunde gemeinsam mit ihren Haltern zu pflegebedürftigen Personen kommen. Meist sind keine speziellen ärztlichen Verordnungen erforderlich und die Besuche können flexibel an die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner angepasst werden.
Was wir beobachten: Tiergestützte Therapie ist mehr als nur ein netter Zeitvertreib
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie den Pflegealltag spürbar erleichtern können – emotional, sozial und körperlich. Wir erleben immer wieder, wie wertvoll die Begegnungen mit Therapietieren für die Betroffenen sein können - die Lebensfreude, die Motivation und das Wohlbefinden steigern sich merklich und die Besuche werden von den betreuenden Angehörigen genauso geschätzt wie von den Pflegeempfänger*innen.
Hunde, Katzen & Co. sind damit nicht nur treue Begleiter, sondern wichtige Partner in der Pflege, die Bewohner*innen, Angehörige und Pflegekräfte gleichermassen bereichern.